Antisemitischer Vorfall in Bremerhaven? Gedenkstein vor der alten Synagoge zerstört.

Voller Entsetzen hat uns heute diese widerliche Nachricht erreicht. Der Gedenkstein vor der alten Synagoge in Bremerhaven wurde mit einem Hammer zerstört. Eine Genossin hat den beschädigten Stein um ca. 15 Uhr im Vorbeilaufen gesehen. Die Polizei war zu dieser Zeit bereits vor Ort und hat den Hammer neben dem Stein liegend als vermutliche Tatwaffe sichergestellt. Auch ein angeblich „psychisch kranker Mann“ ist laut Aussage der Polizei bereits gefasst und wurde ins Krankenhaus eingeliefert.

Diese Einschätzung, dass es sich um einen „psychisch kranken Mann“ handele, halten wir noch für zweifelhaft. Der Vorfall reiht sich in mehrere Vorfälle der vergangenen Jahre ein, in denen es bereits Schmierereien und Grabschändungen auf dem jüdischen Friedhof gab. Nicht selten werden rechtsmotivierte Straftaten dadurch relativiert, dass sie auf eine psychische Krankheit zurückgeführt werden. Beides muss sich jedoch nicht ausschließen. Auch ein psychisch verwirrter Mann kann rechtsextremistisch motiviert handeln. Wir nehmen nicht selten rechte Äußerungen und Schmierereien in Bremerhaven wahr. Es gibt zahlreiche rechtsextremistische Personen und Gruppierungen auch hier. Diese Tatsache wird in der Seestadt oft kleingeredet und relativiert. Wir hoffen jetzt, dass das Problem ernst genommen wird und mehr zu den Hintergründen in Erfahrung gebracht und von der Polizei öffentlich gemacht wird. Rechtsextremistische Motivation darf nicht totgeschwiegen werden.

Besonders betroffen macht uns die Tat auch deshalb, weil wir im Rahmen unserer antifaschistischen Stadtrundfahrt regelmäßig mit Schulklassen und Jugendgruppen diesen Gedenkstein besuchen und an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Noch ekelhafter erscheint die Tat aber vor dem Hintergrund, dass wir am 18.8. mit einer Gruppe israelischer Austauschschüler*innen diesen Stein besuchen wollten. Derzeit befinden sich zahlreiche israelische Schüler*innen in Bremerhaven. Für diese werden wir einen Stadtrundgang durchführen, dessen Umsetzung uns jetzt allerdings sehr schwer fällt. Man stelle sich vor: Da kommen Menschen in die Stadt, deren Vorfahren hier möglicherweise gelebt haben und vertrieben wurden. Und diese Menschen bekommen während ihres kurzen Aufenthalts mit, dass es genau am selben Ort noch immer dieselben antisemitische Menschenfeinde gibt, die es auf sie abgesehen haben.

Kein Vergeben! Kein Vergessen!

Gegen jeden Antisemitismus!

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